Charisma der Stimme – wichtig im Leadership

Mein Beitrag für die aktuelle Ausgabe des Magazins „Personalwirtschaft“ 12/2022.

Wer sein Team oder sein Unternehmen charismatisch führen will, wird das nur mit einer charismatischen Sprechweise schaffen. Um zu motivieren, inspirieren und zu überzeugen braucht es das Charisma der Stimme. Zu diesem Schluss kommen in den vergangenen Jahren immer mehr Wissenschaftler:innen aus den unterschiedlichsten Disziplinen, unter anderem aus der Phonetik und Kommunikationspsychologie.    

Aber was ist das genau, das Charisma der Stimme?

Und vor allem: Wieviel davon ist erlernbar?

Unsere Stimme verrät viel mehr, als uns bewusst ist. Stimmanalysen und Algorithmen können inzwischen Alter, Krankheiten und auch Körpergröße anhand von stimmlichen Signalen gut bestimmen. Wertvoll im Kontext Leadership sind nun diejenigen Bausteine in Stimme und Sprechweise, die Kompetenz, Selbstbewusstsein und Leidenschaft transportieren. Akustisches Charisma ist somit eine gute Mischung aus Faktoren wie Sprechtempo, Lautstärke, Satzbau, Pausen, Betonungen, Stimmhöhe und der weitgehende Verzicht auf Füllgeräusche („äh“). Anders gesagt: Charismatische Sprecher:innen sind wie Musik in unseren Ohren und machen uns das Zuhören leicht. Denn in der gesprochenen Sprache gilt: Es darf nicht anstrengend sein! Sonst schaltet unser Gehirn in den Stand-by-Modus – und weg sind wir (zumindest gedanklich!).

Schauen wir uns das für ein paar Faktoren genauer an: Das Sprechtempo darf gern dynamisch sein, dann signalisiert es Leidenschaft. Dynamisch bedeutet: vier bis fünf Silben pro Sekunde. Spricht jemand langsamer, wirkt es wenig mitreißend. Spricht jemand schneller, wird es auf Dauer anstrengend zuzuhören. Ein zu hohes Tempo geht auch zu Lasten von guten, herausgehobenen Betonungen.

Beim Satzbau gilt: Wer seine Gedanken in kleine Portionen aufteilen kann und diese auch stimmlich gut voneinander absetzt, wirkt kompetent. Außerdem ist es wiederum leicht, diesen Sprechenden zu folgen. Eine gute Struktur schon in der Vorbereitung ist hilfreich, z.B. „Drei Dinge sind für uns im kommenden Jahr wichtig: Erstens…zweitens…drittens.“

Besondere Bedeutung kommt dem Satzende zu, dem deutlich hörbaren Punkt. Wer am Ende eines Gedankens seine Stimme entschlossen „landet“, der landet auch seine Botschaften. Der hörbare Punkt vermittelt Selbstbewusstsein – und er bewirkt, dass wir dem Sprechenden eher vertrauen. Ist die Stimme einmal unten, fällt es uns auch leichter, eine kurze Sprechpause durchzuhalten. Auch das – ein Signal für Selbstbewusstsein.

Es kommt übrigens nicht so sehr darauf an, welche Stimme wir von Natur aus haben. Jede Stimme hat das Potential, charismatischer zu klingen. Steve Jobs beispielsweise hatte eine relativ hohe Männerstimme. Entscheidend war, wie er mit dieser Stimme gearbeitet hat – in die stimmlichen Höhen und die Tiefen. In lauteren und in ruhigeren Passagen. Er hat also Varianz hineingebracht, ein melodisches, gut strukturiertes Auf und Ab.

Steve Jobs, Barack Obama und andere Superstars im akustischen Charisma haben dem Thema Stimme und Sprechweise Zeit gewidmet. Sich coachen lassen und selbst ernsthaft trainiert. Und tatsächlich ist vieles daran gut trainierbar. Zum einen über Sprechübungen und Atemtechnik, zum anderen über innere Klarheit, kurze Sätze, gute Pausen, eine aktive Mimik und Körpersprache (ja, die Hände sprechen auch mit, wir hören es, ob jemand seine Gestik einsetzt oder nicht!), lebendige Inhalte mit Beispielen, Vergleichen und Ich-Botschaften – statt toter Materie im Nominalstil.

Die Arbeit am akustischen Charisma ist gerade für das digitale Miteinander hochaktuell und wertvoll. Im Videocall haben wir – neben etwas Mimik und kaum Gestik – vor allem unsere Stimme als Führungsinstrument. Wenn wir sie gut nutzen und unsere Potentiale ausschöpfen, können wir leichter motivieren, inspirieren und überzeugen!