Dämliche Leserfragen? Überhebliche Autorinnen!

Ich dachte, ich les‘ nicht recht. Endlich Sonntag, Zeit für die ZEIT. Im Magazin der Artikel „Schreiben Sie mit der Hand?“. Thema: Wie renommierte Buchautor*innen sich vor den Fragen des Publikums fürchten.

Wobei „fürchten“ ja noch harmlos wäre. Fünf von ihnen – Elke Heidenreich, Sibylle Berg, Dmitrij Kapitelman, Dana von Suffrin und Kaleb Erdmann  – beschreiben auf unterschiedliche Weise, wie lästig und überflüssig sie diese Publikumsfragen finden.

Beispiel Elke Heidenreich – Zitat: „Fragen aus dem Publikum sind der Horror und bei mir abgeschafft.“ Im Text gibt sie aber eine Kostprobe der aus ihrer Sicht nervigsten wiederkehrenden Fragen – inklusive Antworten:

Haben Sie das selbst erlebt oder bloß ausgedacht?

Antwort: Bloß ausgedacht? Geht’s noch?

Schreiben Sie mit der Hand oder mit dem Computer?

Antwort: Ist das wichtig für die Geschichte?

Was schreiben Sie als Nächstes?

Antwort: Das verrate ich Ihnen bestimmt nicht.

Beispiel Sibylle Berg – Zitat: „Ich wollte immer Wissenschaftlerin oder Schriftstellerin werden, weil ich die Idee hatte, dass ich bei beidem nicht mit Menschen agieren müsste.“

Tja, und dann kommen diese Verlage doch tatsächlich daher mit der Bitte um Lesungen?

Die Orte übrigens, in denen gelesen wird, werden auch abfällig benannt. Telgte, Nördlingen, Wanne-Eickel, Castrop-Rauxel – „irgendein Ort“, an dem der Autor oder die Autorin nun mal gerade nicht sein will.

Als Buchfan und Vielleserin ärgert mich, wie abfällig hier über die „ungefähr 15 Menschen“ im Publikum hergezogen wird, die extra gekommen sind, um die Autorin oder den Autor live zu erleben. Die mindestens ein Buch gekauft haben. Und die zusammen mit allen anderen Leserinnen und Lesern doch immerhin den Lebensunterhalt des Autors mitfinanzieren. Oder hab‘ ich da was falsch verstanden? 😉

Als Kommunikationstrainerin ärgert mich, dass Fragen nicht als Chancen gesehen werden. Zugegeben, nicht jede Frage ist genial. Manche Fragen kommen wieder und wieder. Nicht alle Fragen sind gut formuliert.

Und trotzdem! Mein Mantra ist: Jede Frage ist eine Chance auf gute Kommunikation. Auf einen guten Gedanken. Etwas Wertschätzendes gegenüber dem Fragenden. Selbst wenn die Frage „doof“ ist – alle anderen im Raum hören mit. Und machen sich ein Bild.

Entweder das Bild eines genervten, überheblichen Autors.

Oder das eines zugewandten, sympathischen und geduldigen Autors.