Raus aus der Komfortzone, ran ans Mikrofon, rauf auf die Bühne, rein ins nächste Townhall-Meeting! Wenn das nur so einfach wäre…
Für viele Menschen sind solche Auftritte vor internem oder externem Publikum mit Stress verbunden, mit Auftrittsangst und Lampenfieber. Die folgenden Tipps helfen auf der körperlichen Ebene, den Stress zu minimieren. Unterstützende Tipps für die Psyche und die innere Einstellung hatte ich schon im vorangegangenen Blog „Lampenfieber neu gedacht“ gegeben.
Bevor wir loslegen, eine wichtige Erkenntnis: Sicher haben Sie schon erlebt oder gehört, dass unsere Gedanken maßgeblich beeinflussen, wie wir atmen oder wie wir stehen oder sitzen. Also: Der Geist prägt den Körper und seine Reaktionen. Zunehmend kommt die Wissenschaft auch zu der umgekehrten Erkenntnis: Unsere Körperhaltung und die Art, wie wir atmen, beeinflussen unseren Geist. Wer Yoga praktiziert, weiß sicher, wie bestimmte Übungen und Atmen-Rhythmen unsere Stimmung verändern. Und auch unsere Körperhaltung insgesamt spielt eine wichtige Rolle.
Die folgenden zwei Atemübungen sind dem Yoga entliehen. Ich nutze sie selbst im Alltag und erlebe, wie sie meinen Stresspegel spürbar senken.
Atemübung 1: Halten Sie sich ein Nasenloch zu und atmen Sie ruhig und tief durch das andere. „Tief“ bedeutet, der Atem strömt von allein bis in den Bauchraum. Bitte saugen Sie den Atem nicht ein! Wir brauchen keine „kräftige“ Einatmung, sondern fließenden Atem bis zum Bauchnabel. Genauso ruhig, wie der Atem einfließt, lassen Sie ihn auch wieder ausströmen. Diese Übung funktioniert ebenfalls gut in der Variante „Strohhalm“: Rollen Sie die Zunge dafür an den Seiten ein und atmen Sie durch diese Zungenrolle ruhig und tief. Das „kühlt den Geist“, sagen die Yogis.
Atemübung 2: Diese Übung kann zusammen mit Atemübung 1 gemacht werden – oder unabhängig davon. Teilen Sie Ihren Atemrhythmus in drei Phasen ein. Einatmen – ausatmen – Atempause. Diese drei Phasen sind exakt gleich lang, wie ein gleichschenkliges Dreieck. Zählen Sie in den Phasen gleichmäßig zum Beispiel bis 4 (oder auch bis 5 oder 8 oder 10, Hauptsache gleichmäßig). In der folgenden Grafik habe ich die Zahl 4 gewählt, um den gleichmäßigen Rhythmus deutlich zu machen.
Wenn Sie diese Dreiecks-Atmung mehrfach hintereinander einsetzen, senden Sie klare Signale an Ihr Gehirn und Ihr Angstzentrum: „Alles unter Kontrolle, kein Grund zur Panik!“. Der Puls wird ruhiger, der Stress nimmt ab.
Körperübung: Dass Bewegung hilft, Stress abzubauen, haben Sie sicher schon gehört. Damit ist nicht unbedingt der 10-Kilometer-Lauf gemeint. Schon ein paar 100 Schritte „um den Block“ oder innerhalb des Büros helfen, den Adrenalin- und Cortisol-Spiegel zu regulieren.
Darüber hinaus gilt, was ich oben als grundsätzliche Erkenntnis formuliert habe: Unser Geist folgt unserem Körper. Wenn ich mich in stressigen Phasen klein mache, die Schultern hochziehe oder nach vorn sinken lasse – dann sind dies schwächende Signale an unseren Geist. Im Gehirn kommt dann an: „Ich schaffe es nicht“.
Wenn ich mich dagegen aufrichte, auf beiden Beinen stehe, eine starke, präsente Haltung einnehme (auch im Sitzen!), bin ich auch gedanklich besser aufgestellt, handlungsfähiger. Der Körper meldet vereinfacht gesagt ans Gehirn: „Ich pack‘ das.“ Und das Lampenfieber kann einpacken.
Neueste Kommentare